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Andacht Oktober 2024

Der Monatsspruch im Oktober 2024 steht im Buch der Klagelieder des Jeremias und versichert uns:
Die Güte des HERRN ist’s, daß wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende,
sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß. (Klagelieder 3,22–23)
Der Prophet redet von Hoffnung inmitten von Leid und Schmerz. Hoffnung, obwohl Jerusalem und der Tempel zerstört sind. Hoffnung trotz des Exils. Hoffnung inmitten der Trümmer. Hoffnung mitten im Tod.
Hoffnung gewachsen aus Klage und Trauer. Da war ein Mensch, der den Untergang Jerusalems im Jahr 587 v. Chr. miterlebt hat. Ein Mensch, der alles verloren hat, der hadert und trauert. Sein Leid buchstabiert er in der Reihenfolge des alten hebräischen Alphabets in den ersten vier Klageliedern regelrecht durch,
Klagen von A bis Z. 51 Strophen der Trauer und des Klagens, um zur Gewißheit zu gelangen, daß Gottes Barmherzigkeit noch kein Ende hat und daß sie alle Morgen neu ist.
Auch mir gehen Klagegebete manchmal leichter von den Lippen als Lobgebete. Trotzdem verstehe ich die Klagelieder als eine wunderbare Einladung, mir Zeit zu nehmen, das Verlorene zu beklagen und meiner Trauer Raum zu geben. Ich muß mich nicht dafür schämen, daß meine Tränen fließen. Ich darf den Verlust beweinen, mich selbst in Frage stellen, meine Verantwortung überdenken, mir Verfehltes eingestehen.
Geduld und Vertrauen von meinem sozialen Umfeld, helfen mir dabei, das Tal des Verlustschmerzes heil zu  durchwandern. Die Verse, die dem Monatsspruch vorhergehen, zeigen deutlich, daß der Weg durch das Tal der Klage und der Trauer kein Umweg ist, sondern daß er notwendig ist, um eine hoffnungsvolle Haltung zu finden: „Der Gedanke an meine Not und Verlassenheit macht mich bitter und vergiftet mein Leben.
Trotzdem muß ich ständig daran denken, und das wühlt mich bis ins Innerste auf. Deshalb will ich in mich gehen und meine Hoffnung auf den Herrn setzen“ (Klagelieder 3,19–21).
In schweren Phasen meines Lebens mußte ich meine Trauer und Klage über Wochen und Monate hinweg durchbuchstabieren. Der Weg war mühsam und steinig. Und dann ganz plötzlich war da die Erleichterung und Gewißheit: Ich bin nicht allein. Gott begleitet und trägt mich. Er ist da, gestern, heute und morgen. Und die Hoffnung wuchs wieder: „Die Güte des HERRN ist’s, daß wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß“.
Das Buch der Klagelieder erscheint mir plötzlich ganz praktisch angelegt. Warum sollte ich mir nicht auch ein Trauertagebuch anlegen, in dem ich meine Trauer und meine Klagen von A bis Z durchbuchstabiere?
„A“ wie „Angst“ oder „Z“ wie „Zugeschnürte Kehle“? „B“ wie „Bis wann?“ oder „X“ wie „X-mal umsonst gewartet“? „C“ wie „Chaos in meinen Gedanken“ oder „K“ wie „Keine Energie mehr“. Ein persönliches Trauer- und Klage-ABC, das mir den Weg durch das Trauer- und Klagelabyrinth erleichtern wird. Ein Trauer- und Klage-ABC, das ich allein oder in einer Gruppe schreiben kann.
Mein persönliches Trauer- und Klage-ABC darf ich Gott hinhalten. Ich darf Worte finden für das, was mir auf der Seele liegt. Ich darf alle Not und Qual vor Gott aussprechen. Gott hört mir zu. Er hilft mir. Er ist einfach da und hält mir seine offenen Arme hin. Und wer weiß, sobald sich die Hoffnung in mir gefestigt hat und meine Füße mich wieder tragen, werde ich vielleicht sogar ein Hoffnungs-ABC schreiben!

Diese Andacht ist konsequenterweise in alter Rechtschreibung verfaßt.


Andacht November 2024

Der Monatsspruch im November 2024 sagt: „Wir warten aber auf einen neuen Himmel und eine neue Erde nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt.“ AMEN (2. Petrus 3,13)
Da könnt ihr lange warten, sagt der Spötter, der auch in mir wohnt. Der „gebildete Verächter“ religiösen Denkens wie Friedrich Schleiermacher ihn nennt. Es sind genau diese Sätze, die Karl Marx dazu brachten,
Religion als „Opium für das Volk“ zu bezeichnen. Als Droge, die die schmerzende und schmerzhafte Härte der Wirklichkeit von Leben in einen betäubend beruhigenden Nebel einhüllt.
Aber das ist falsch! Es sind nicht diese Sätze an sich, es ist vielmehr ihre Verwendung als Droge, die die Religion in Mißkredit gebracht hat. Aber wie sind solche Sätze anders zu lesen? Wie können wir sie so verwenden, daß sie in dunklen Zeiten Kraft geben?
Wahrscheinlich spielt der Monatsspruch aus dem 2. Petrusbrief auf Jesaja und dessen Visionen über die Rückkehr des Volkes Israel nach Jerusalem an: „Siehe, meine Knechte werden jubeln von Herzenslust,
ihr aber werdet schreien vor Herzeleid und heulen vor Verzweiflung …. Denn siehe, ich schaffe einen neuen Himmel und eine neue Erde. Und das Frühere wird man nicht mehr denken, und es wird nicht mehr in den Sinn kommen“ (Jesaja 65,14.17).
Das Problem dieses Gedankens ist der Ausschluß des Anderen, des Fremden, des in den eigenen Augen Andersgläubigen. Solange der Fremde selbst und das, was er oder sie repräsentiert, unannehmbar ist,
gibt es keine Gerechtigkeit. Gerechtigkeit läßt sich nur realisieren, wenn die Andere, der Fremde,
in seinem oder ihrem Anders-Sein respektiert wird. Da, wo Gerechtigkeit wohnt, Raum ist, für jeden Menschen, mehr noch, für jedes Lebewesen, seiner eigenen Art und Bestimmung gemäß zu leben.
Gerechtigkeit hat also nur sehr eingeschränkt mit Gleichheit zu tun. Ja, alle Menschen sind gleich, in dem Sinne, daß alle Menschen ein Recht darauf haben, so zu leben, wie es ihnen entspricht. Mit dem entscheidenden Zusatz: Die Eigenart und Eigenartigkeit meines Nächsten zu respektieren anstatt sie ihm aus der Hand zu schlagen. Insbesondere die drei großen monotheistischen Religionen, das Judentum,
der Islam und das Christentum stehen in der Gefahr, ihr eigenes Glaubensbekenntnis absolut zu setzen.
Das kann man daran erkennen, daß es etwas gibt, das ausgeschieden wird. Zum Beispiel die gegenwärtige Jahreslosung: „Alle eure Dinge laßt in der Liebe geschehen“ (2. Korinther 16, 14).
Ein schöner Gedanke. Sechs Verse weiter schreibt derselbe Paulus: „Wenn jemand den Herrn nicht lieb hat, der sei verflucht.“ (Vers 22) Ein häßlicher Gedanke.
Dieser eklatante Widerspruch ist nur möglich, wenn man davon ausgeht, daß es im Denken des Paulus einen Graben gibt, der Paulus selbst nicht überwindbar ist. Dieser Graben untergräbt sein Denken, so leuchtet auf der einen Seite die Liebe und so regiert auf der anderen Seite der Haß. Der neue Himmel und die neue Erde sind Bilder für ein Denken, das sich diesen Gräben nicht zur Verfügung stellt, das neue Brücken von den Gläubigen zu den Anders-Gläubigen, von den Gläubigen zu den Nicht-Gläubigen, von mir zu meinem Nächsten, der für mich immer der oder die Andere ist, baut.
Ein wesentlicher Baustoff dieser Brücken ist die Idee der Gerechtigkeit,
die Idee, daß jeder und jede das Seine oder Ihre bekommt. Wenn dies geschieht, wenn wirklich Gerechtigkeit in die Häuser von uns Menschen einzieht und bei uns wohnt, dann gibt es keinen Grund mehr für Streit und Krieg. Es sei denn, das Leben als solches, die Realität von Werden und Vergehen wird als ungerecht empfunden. „Warum bekomme ausgerechnet ich Krebs?“
„Warum muß ich das erleben, dabei habe ich mir doch nichts Zuschulden kommen lassen?“ Ist das nicht „ungerecht“? Nein, ist es nicht. Wir nennen es Schicksal. Die Fähigkeit, zu meinem eigenen Schicksal, zu dem, was mir geschickt wird, „Ja!“ zu sagen, relativiert augenblicklich meinen Haß und entzieht meiner Empörung den Nährboden. An deren Stelle tritt ein nachdenkliches: „Was habe ich in alledem gerade zu erleben?“ In diesem Geschehen verwandelt sich der allmächtige Gott in den barmherzigen Gott.
Und dann gibt es nichts und niemand mehr, was zu verfluchen wäre. AMEN

Diese Andacht ist konsequenterweise in alter Rechtschreibung verfaßt.
Wachet, steht im Glauben, seit mutig und seid stark. (1. Kor. 16,13)
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